Schäden durch Kupferlochkorrosion in Trinkwasser-Installationen: Start eines durch den DVGW geförderten Forschungsprojektes
Aktuelle Schadensfälle
Die aktuellen Schadensphänomene zeichnen sich durch folgende Beobachtungen aus:
- Schäden an alten, hartgelöteten Installationen mit Erstellungsdatum bis 1996, in denen sporadisch Schäden auftreten (zeitliche Wellenbewegung der Schadensmaxima) oder erste Schäden erst nach sehr langer Betriebszeit (> 20 Jahre);
- Schäden an Installationen aus halbharten Kupferrohren, sowohl im Kalt- als auch im Warmwasserbereich.
Bis ca. Mitte der 1990er Jahre wurde das Schadensbild im Wesentlichen durch Kupferlochkorrosion an Installationen bestimmt, in denen Kupferstangenrohre (R 290) hartgelötet oder weichgeglüht wurden (z.B. zum Biegen). Als primäre Schadensursache wurde die teilweise deutliche Vorschädigung der Rohre durch die mit dem Hartlöten verbundene signifikante Wärmebeeinflussung der Oberfläche ermittelt.
Die hiermit verbundene Gefügeveränderung und die Sensibilisierung des Grundwerkstoffes zeigen sich im metallografischen Schliff im Bereich der Wärmeeinflusszone (durch Hartlöten beeinflusster Oberflächenbereich) als entlang der Korngrenzen vorauseilender Korrosionsangriff (Abbildung 1a). Im weiteren Wachstum aktiver Lochfraßstellen entstehen daraus kugelförmige Korrosionsmulden, die ein Kennzeichen typischer Lochkorrosion Typ 1 sind (Abbildung 1b).
Die Schadensanfälligkeit kann damit auf die Verarbeitungstechnik zurückgeführt werden, die Schadenswahrscheinlichkeit wird im weiteren Verlauf durch die Inbetriebnahme, die Betriebsbedingungen und die korrosionschemischen Eigenschaften des Trinkwassers bestimmt. Das wellenartige Auftreten der Schadenshäufigkeit und das Auftreten erster Schäden an sehr alten Installationen kann ggf. auf die Wasserbeschaffenheit zurückgeführt werden, belastbare Untersuchungsergebnisse liegen zu diesem Themenkomplex bisher allerdings nicht vor.
Seit etwa 2003 bis 2005 werden vermehrt Schäden an Trinkwasser-Installationen festgestellt, in denen halbharte Kupferstangenrohre (R 250) verarbeitet wurden, teilweise auch in Versorgungsgebieten, die bisher als nicht schadensauffällig galten. Schäden wurden bisher nur an Rohren, nicht an Fittings festgestellt.
Neuartige Schäden an halbharten Kupferrohren
Bei den neuen Schäden wurden einige Besonderheiten beobachtet, die insbesondere die Intensität der Schäden (hohe Anzahl von tiefen Löchern und Perforationen, Abbildung 2), die Einbauposition der Rohre – es sind waagerecht verlegte Rohre und Steigleitungen betroffen – und die Morphologie der Lochfraßstellen betreffen. Zudem treten die Schäden gleichermaßen im Kaltwasser- wie im Warmwasserbereich auf.
Die Abdeckung der Lochfraßstellen gleicht optisch und in der Zusammensetzung der Korrosionsprodukte zwar derjenigen, die bei Lochkorrosion Typ 1 bzw. Typ 2 bisher üblicherweise detektiert wurden. Was bisher im Trinkwasser nicht beschrieben worden ist, ist die Struktur der Angriffsstellen.
Die Angriffe weisen unter Anfangskorrosionsbedingungen feine Verästelungen auf (Abbildung 3, Bild a) bis hin zu tunnelartigen Verzweigungen, die sich zu einem signifikanten unterhöhlenden Angriff ausdehnen können (Abbildung 3, Bild b)
Hinreichende wissenschaftliche Erklärungen oder Modellvorstellungen, die die Ursache dieser Schäden erklären könnten, existieren momentan nicht, sind aber für die Abschätzung der Korrosionsgefährdung notwendig. Insbesondere die Frage der Initiierung von Lochkorrosion als dem primären Prozess des Lochwachstums ist weitgehend ungeklärt.
Forschungsschwerpunkte – Phase 1
Ziele des Forschungsvorhabens sind die Aufklärung der Ursache der Schäden und die Erarbeitung von Maßnahmen zur Vermeidung zukünftiger Schäden.
In einer ersten Phase des Forschungsprojektes sollen die teilweise nur rudimentär vorliegenden Informationen zusammengetragen und eine systematische Bestandsaufnahme der Schäden durchgeführt werden. Hierzu erfolgt zunächst eine Erhebung der Schäden und der schadensauffälligen Versorgungsgebiete durch eine bundesweite Umfrage in der Wasserversorgung über die DVGW-Mitgliedsunternehmen. Parallel hierzu wird eine Bewertungssystematik für die Untersuchung schadhafter Kupferrohre erarbeitet und nach Typisierung und Klassifizierung der Schäden die Ergebnisse in Form einer Multifaktorenanalyse bewertet.
Zur statistischen Absicherung der Daten ist IWW über die bereits zur Untersuchung zur Verfügung stehenden Rohre hinaus auf der Suche nach weiteren geschädigten Rohren, um die Untersuchungen und Erhebung von Informationen auf eine möglichst breite Basis zu stellen.
Sofern Sie weitere Informationen möchten oder Fragen zu der Thematik haben, sprechen Sie uns bitte an. Für Rückfragen stehen Ihnen Dr. Angelika Becker (0208/40303-260) oder Timo Jentzsch (0208/40303-262) gern zur Verfügung. Eine Umfrage sowie weitere Informationen zum Thema Kupferlochkorrosion finden Sie hier.